«Arcadia» – 2. ReRenaissance-Festival - Andere - Seite 110
Tamsin Cowell & Catherine Motuz zu «Veni in hortum meum»
«Veni in Hortum meum, Soror mea sponsa:
Ich bin in meinen Garten gekommen, meine Schwester,
meine Braut», Hohelied 5,1
D
as Bild des Gartens ist ein wiederkehrendes Thema in
christlichen Texten, besonders in Geschichten über Frauen, von Evas Vertreibung aus dem Garten Eden bis zur Geburt
Jesu, Kreuzigung und Auferstehung. Überall sind explizite Bezüge zu realen und metaphorischen Gärten zu finden, aber
kein biblischer Abschnitt ist reicher an botanischen Bildern
als das Hohelied Salomos. Berge, Obstgärten und Weinberge
mit Speisen, Wein, Blumen und sanften Tieren machen dieses
biblische Paradies zu einem heiligen Bild von Arkadien. Die
Liebesgedichte des Hohelieds erscheinen häufig im Repertoire, das von italienischen Nonnen im späten 16. Jahrhundert
komponiert oder ihnen gewidmet wurde, ebenso wie marianische Texte, die die Jungfrau Maria oft in prachtvoll grünender
Symbolik beschreiben.
Nonnen der italienischen Renaissance lebten eingeschlossen
hinter hohen Klostermauern, völlig getrennt vom Rest der Gesellschaft. Ein abgeschlossener Klostergarten bot einen kontemplativen Ort, um Intimität mit Gott zu finden, doch von
aussen ähnelte dieser «Hortus Conclusus» der unerreichbaren
Natur der unberührten Wildnis Arkadiens. Viele dieser Nonnen waren hochbegabte und versierte Sängerinnen, Instrumentalistinnen oder Komponistinnen.
Raffaella Aleottis musikalische Talente wurden schon in sehr
jungen Jahren erkannt: Sie war bereits ausgebildete Cembalistin und Komponistin, als sie in das Augustinerinnenkloster
San Vito in ihrer Heimatstadt Ferrara eintrat. 1593 erschienen zwei Musiksammlungen unter dem Namen Aleotti: Die
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Sonntag, 28.09.2025 | 11:00 Uhr | Konzert ➍